Der neunte Bundesrat (Teil 3)

David Dürr - Basler Zeitung 04.04.2014


Vor einer Woche habe ich an dieser Stelle den Kern meines politischen Programms als achter Bundesrat umschrieben, nämlich Anarchie. Anarchie verstanden als eine Gesellschaftsstruktur, die zwar Ruhe, Ordnung und Recht anstrebt, jedoch keine oberste Vorherrschaft irgendeines Machthabers oder irgendeiner Machtorganisation akzeptiert. Also werde ich als achter Bundesrat dem Anspruch der Organisation „Schweizerische Eidgenossenschaft“ auf oberste Vorherrschaft in diesem Land eine Absage erteilen.

Nun war das dem „Blick“, der diese Volkswahl des achten Bundesrats ausgeschrieben hat, wohl doch etwas zu gewagt. Jedenfalls hat er mich vom Casting, zu dem ich schon aufgeboten war, unter einem wenig überzeugenden administrativen Vorwand wieder ausgeladen. Aber nicht halb so schlimm. Ich schreibe nun einfach meinerseits eine zusätzliche Bundesratsstelle aus. Das wäre dann die neunte, die mir genauso gut eine Plattform bietet, um mein politisches Programm für die Schweiz vorzustellen. Natürlich ist die Stelle dieses neunten Bundesrats genauso reiner Schabernack wie es der achte Bundesrat des „Blick“ war. Der allergrösste Schabernack ist und bleibt aber allemal der siebenköpfige Bundesrat in Bern, der allen Ernstes so tut, wie wenn er dazu berufen wäre, den Leuten in der Schweiz drein zu reden.

Der Fürstenhof zu Bern

Er gebärdet sich als veritabler Fürstenhof von blaublütigen Edlen, der sich darin gefällt, es mit uns hier unten so gut zu meinen. Etwa indem er uns vor Atomkraftwerken schützt, oder vor Nacht- und Sonntagsarbeit, vor Alkohol, Nikotin und anderen Drogen, vor Banken und Anwälten ohne fürstliche Approbation, vor Naturheilpraktikern und nicht offiziell regulierten Medikamenten, vor privat herausgegebenem Geld, vor Automobilrennen und helmlosem Töfflifahren, vor hohen Mieten und tiefen Löhnen und vielen anderen bösen Dingen mehr, mit denen wir offenbar selbst nichts zurande kommen.

All diesen ach so gut gemeinten Freiheitsbeschränkungen halte ich nun das anarchistische Prinzip entgegen, das – wie ich vor einer Woche an dieser Stelle erläutert habe – so bestechend einfach wie fraglos gerecht ist: All diejenigen, welche sich diesen Vorschriften aus Bundesbern unterwerfen wollen und auch bereit sind, die entsprechenden Steuern dafür zu zahlen, sollen dies ungehindert tun. Doch sollen sie ihren bundesberner Hof niemandem aufnötigen, der ihn nicht will. Das bewahrt nicht nur die Andersgläubigen vor politischer Vergewaltigung, sondern verhilft gleichzeitig der „Schweizerischen Eidgenossenschaft“ zu einer Demokratiequote von 100%. Denn es werden ihr nur noch solche angehören, die dies aus freien Stücken wollen; gleich wie das ja auch bei allen anderen Genossenschaften, Verbänden, Unternehmen, Kirchen etc. in diesem Land die Regel sein soll.

Meine dereinstigen sieben Berufskonkurrenten im Bundeshaus in Bern sehen das wohl ziemlich anders. Nach meiner Wahl zum neunten Bundesrat werde ich sie deshalb auffordern, ihre Sicht der Dinge vor laufender TV-Kamera mit mir zu diskutieren. Dort wird sich rasch herausstellen, dass sie über solche Grundsatzfragen noch nie auch nur eine einzige Minute nachgedacht haben.

Dies wird denn auch der Grund sein, dass sie feige kneifen und erst gar nicht zur TV-Sendung antreten werden.

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