Teufel und Beelzebub

David Dürr - Basler Zeitung 06.06.2014


Heute vor 70 Jahren, am D-Day des 6. Juni 1944, errichteten sie in der Normandie einen Brückenkopf und setzten zur Vertreibung des leibhaftigen Teufels an, der damals in Europa sein Unwesen trieb. Ein Jahr später war er besiegt.

Was man nicht bedachte: Der starke und von allen willkommen geheissene Be­freier aus dem fernen Westen, die mächtige US-Streitmacht, war selbst der Leibhaf­tige. Man hatte das teuflische Naziregime mit dem beelzebubi­schen US-Regime vertrieben.

Bei anderen Befreiern war man skeptischer. Stalin, der beim Bodigen der Nazis ebenfalls dabei war, begrüsste man nicht so euphorisch. Churchill legte Wert darauf, die Hände mit ihm möglichst weit im Osten zu schütteln. Zur Vertreibung des Teufels war er zwar willkommen, danach aber nicht mehr, dieser russische Beelzebub. Und Recht hatte man. Wenn man sah, mit welch or­giastischer Brutalität er sich in das Abschlachten Deutschlands gestürzt hatte. Oder wie er sich nach gewonnener Schlacht die kleinere Hälfte dieses Deutschlands gleich als Kriegsbeute unter den Nagel riss. Oder wie er quasi auf dem Nachhauseweg noch den ganzen Rest Osteuropas annektierte. Und wie man schliesslich nie wusste, ob dieser östliche Beelzebub eines Tages wieder zurückkehren würde, um mit aller Macht seines Warschauer-Paktes auch noch den Westen Europas zu un­terwerfen.

Und der andere, der amerikanische Beelzebub? – War der wirklich so anders? Auch er war doch im Gefecht nicht eben zimperlich, wenn man an Dresden, Hiroshima und Nagasaki denkt. Auch er be­hielt nach gewonnener Schlacht ein Stück von Deutschland, und zwar die grössere Hälfte, in Gei­sel­haft einer jahrzehntelangen Besatzung. Der Marshall-Plan, den er geschickt als Wirtschaftsförder­pro­gramm ausgab, war doch eher imperiale Eroberung, mit der er sich quasi auf dem Nach­hau­seweg noch den ganzen Rest Westeuropas unterwarf. Und war man wirklich sicher, ob die­ser westli­che Beelzebub nicht eines Tages wieder zurückkehren würde, um mit aller Macht seiner Nato auch noch den Osten Europas zu unterwerfen?

Der östliche Beelzebub wurde mit den Jahren älter, milder und schwächer. Auch wirtschaftlich ging es ihm zunehmend schlecht. Sein Imperium brach schliesslich auseinander. Von der früheren Ag­gressivität war immer weniger zu spüren. Den Warschauerpakt löste er auf, Eroberungspläne begrub er. Keine Spur mehr von Beelzebub im Osten.

Ganz anders der Beelzebub im Westen. Gewaltig hat sich der entwickelt. Er strotzt nur so von imperi­a­listischer Aggressivität. Nicht weniger als 50% des weltweiten Rüstungsauf­kommens leistet er sich und setzt es tatkräftig mit Angriffskriegen und Foltercamps rund um den Globus ein. Gigantische Summen steckt er in ein technisch perfektes Spitzelsystem, mit dem er Freund und Feind rund um die Uhr belauscht. Zur Finanzierung schreckt er nicht davor zurück, seine Geldgeber mit ungedeckten Schuldscheinen über hunderte von Milliarden Dollars zu betrügen und seine wirtschaftlich erfolgrei­chen Untertanen steuerlich auszurauben. Und ja, er ist inzwischen wieder zurückgekehrt, um mit aller Macht seiner Nato nun auch noch den Osten-Europa zu unterwerfen.

In der Ukraine und in Polen ist er ge­rade daran, wieder einmal Brü­ckenköpfe zu errichten. 

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