Chinesische Verhältnisse

David Dürr - Basler Zeitung 13.02.2015


Der neuste Wahlerfolg von FDP, SVP und CVP am letzten Wochenende und die Niederlage der SP haben wieder einmal die Bedeutung einer lebendigen Parteienlandschaft gezeigt. Nun gibt es im Baselbiet tatsächlich wieder so etwas wie die Regierungs- und die Oppositionsparteien. Und auch auf Bundesebene scheint man mit Blick auf den Wahlherbst wieder mehr über Parteienrollen nachzudenken. Etwa ob es die bürgerlichen Parteien in Bern nicht ihren Kollegen in Liestal gleich machen sollten. Dann könnte man – wie es Markus Somm in diesen Spalten kürzlich schrieb – wieder mehr auf Freiheit und weniger auf Staat machen. 

Wie traurig muss demgegenüber die politische Kultur in Ländern sein mit einer Einheitspartei. Im autoritären China etwa, wo es bekanntlich nur eine einzige und allein selig machende Kommunistische Partei Chinas (KPCh) gibt. Wer dort in der Politik Einfluss nehmen will, kommt um eine Mitgliedschaft in der KPCh nicht herum. Sie allein stellt das Personal der Zentral- und der Provinzialregierungen sowie der parlamentarischen Grossgremien, etwa des nationalen Volkskongresses.

Kein Wunder, kommt da ein totalitärer etatistischer Einheitsbrei heraus. Wenn jede kritische Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Parteien und erst recht die harten Debatten zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien ausgeschaltet sind, ist nicht mit ausgeprägter Freiheitlichkeit zu rechnen. Da wird es im ganzen Land kaum ein Problem geben, bei dem sich die KPCh nicht zur Einflussnahme berufen fühlt, und zwar genau so, wie es ihrem sozialistischen Beglückungsprogramm entspricht. Und sie wird geringe Hemmung verspüren, dies notfalls auch unzimperlich durchzusetzen. 

Auf entsprechende Kritik bringt die KPCh dann jeweils vor, sie sei in ihrem Innern doch ausgesprochen vielfältig: Da gebe es Unterfraktionen, etwa den Unternehmer- und den Gewerkschaftsflügel; oder neuerdings fast so etwas wie Parteien in der Partei, beispielsweise die „Neoliberalen“, die den Staat aus der Wirtschaft fernhalten wollen, und anderseits die „Neuen Linken“, die nach strenger Regulierung rufen, dazwischen die „Demokratischen Liberalen“ mit moderaten Reformanliegen. Ja selbst so etwas wie KPCh-interne Oppositionsparteien gebe es. 

Das sind natürlich reine Beschönigungen, zur blossen Show geführte pseudodemokratische Debatten und plump inszenierte Regierungs- und Oppositionsspiele. An der totalitären Grundübungsanlage ändert dies rein gar nichts. Solange der Staat von einer einzigen Gruppe beherrscht wird, und mag sich diese intern noch so vielfältig geben, wird er zum reinen Machtinstrument einer politischen Elite. Da spielt doch schlicht eine Kaste „Staat“ und tut damit so, wie wenn sie für das Glück des ganzen Landes zu sorgen hätte. 

Und bei uns? Haben wir nicht auch so etwas wie eine einzige grosse Staatspartei, bei der man Mitglied sein muss, um in der Politik Einfluss zu nehmen, die das komplette Personal der Exekutiv- und Legislativbehörden stellt und die so tut, wie wenn sie für das Glück des ganzen Landes zu sorgen hätte? Und sind die Gebilde mit den Namen SVP, SP, FDP, CVP, GLP, GP, BDP oder XYP nicht einfach Unterfraktionen, die zur reinen Show ihre publikumswirksamen Debatten führen und zwischendurch auch mal das Spiel von Regierung und Opposition spielen?


 Zurück zu den Medien