Der Holcim-Konzern, der Islamische Staat und andere

David Dürr – eigentümlich frei / Dezember 2022


Was dem Holcim-Konzern, einem der weltgrössten Baustoffhersteller, gerade passiert, ist wahrlich keinem zu wünschen: Er wurde Opfer nicht nur einer, sondern gleich mehrerer Terroristenorganisationen, die ihm gigantische Schutzgeldzahlungen abpressten und dies teilweise noch heute tun. Und schlimmer noch: Die brutalsten dieser Organisationen erzwingen von Holcim gar noch zusätzliche Zahlungen, und zwar als Strafe dafür, nicht nur ihnen, sondern jeweils auch anderen solchen Organisationen Schutzgelder bezahlt zu haben.

Begonnen hat die ganze Geschichte mit einer Terrormiliz, die man damals als das Böse schlechthin ansah, aus heutigem Rückblick aber, verglichen mit den anderen, wohl noch die harmloseste ist. Ihr Name ist „Islamischer Staat“ (IS), womit sie sich aufspielt, als wäre sie ganz offiziell für ein ganzes Volk oder ein ganzes Land zuständig. In dieser „offiziellen“ Funktion stellte sie eine in Syrien operierende Tochtergesellschaft des Holcim-Konzerns kurzerhand vor die Alternative: Entweder ihr zahlt uns sechs Millionen Dollar oder euer Betrieb wird dicht gemacht. Damit einher ging die unverhohlene Drohung mit physischer Zerstörungs- und Tötungsgewalt, so dass jeder Widerstand nutzlos war. Holcim zahlte die sechs Millionen und konnte so wenigstens den Betrieb, wenn auch unter erschwerten Bedingungen, weiterführen, die Arbeitsplätze erhalten und das investierte Kapital bedienen. So weit, so schlecht, in Syrien.

Viel schlimmer nun aber in anderen Ländern, nämlich in Amerika und Frankreich. Auch dort gibt es Organisationen, die so tun, als wären sie die offiziellen Organe des ganzen Volkes oder des ganzen Landes; auch hier treten sie mit unverhohlener Gewaltdrohung auf, auch hier lautet die Alternative: Entweder ihr zahlt oder euer Betrieb wird dicht gemacht. Bloss dass nun diese amerikanischen und französischen Organisationen sich nicht mit lachhaften sechs Millionen zufrieden geben, unter hundert Millionen geht bei ihnen gar nichts – jährlich. Aber selbst da bleibt dem Holcim-Konzern nichts anderes übrig, als leer zu schlucken und zu zahlen. Übrigens, die hochtrabenden Namen dieser Organisationen sind „United States of America“ (USA) beziehungsweise „République française“ (RF), und die Schutzgelder nennen sie feierlich „Steuern“.

Und jetzt kommts: Selbst damit geben sich diese beiden nicht zufrieden. Sie machen Holcim nun noch den bemerkenswert kreativen Vorwurf, mit jener Zahlung von sechs Millionen Dollar an den IS in Syrien eine kriminelle Erpresser-Organisation unterstützt zu haben; das verdiene Strafe, weshalb ihnen Holcim nun (zusätzlich zu den üblichen Jahres-Schutzgeldern) noch eine happige Busse bezahlen müsse. Die Organisation namens USA hat soeben den an sie zu zahlenden Betrag festgelegt, nämlich das 130-fache der in Syrien bezahlten 6 Millionen, das heisst 778 Millionen Dollar. Die Organisation namens RF hat noch nicht entschieden, Zimperlichkeit ist aber nicht zu erwarten.

Zum Glück für Holcim scheint wenigstens bei der Organisation namens IS die Raubgier gestillt. Dem Vernehmen nach gedenke sie nämlich nicht, von Holcim noch eine Busse zu erheben, und schon gar nicht in 130-facher Höhe der seit Jahren an die USA und die RF bezahlten Schutzgelder.


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